Portrait der Hausbesucherin Kholoud:
«Die Arbeit als Hausbesucherin ist sehr schön, aber auch schwierig: Zu den Familien zu gehen, erfordert eine bestimmte Haltung, einen gewissen Mut und viele Feinheiten, die man lernen muss, um es richtig machen zu können, für sich selbst und für die Familien.»

Mein Name ist Kholoud und ich bin im Alter von vier Jahren nach Genf gekommen. Ich bin saudi-arabischer und ägyptischer Abstammung. Ich habe meine gesamte Schulzeit bis zur Mittelschule in Genf verbracht. Da ich mit meiner Mutter allein in Genf lebte, hatte ich danach das Bedürfnis, zu meiner Familie zurückzukehren. Also bin ich wieder nach Kairo in die Mitte meiner Cousinen, Cousins und Tanten gezogen und habe dort die Mittelschule besucht. Anschliessend bin ich nach Genf zurückgekehrt, um mein Studium fortzusetzen. Ich habe schliesslich zu meinem Glück sehr jung geheiratet, mit 20 Jahren. Das hat meine Pläne verändert und ich habe dann drei Kinder bekommen. 

Ich habe versucht, wieder zu studieren und einige Ausbildungen zu wiederholen, aber das war mit drei Kindern schwierig. Als sie älter wurden, nahm ich am Schulrat der Schulen Meyrin-Village / Meyrin Monthoux teil. Das war ein vierjähriges ehrenamtliches Mandat, um die Eltern in der Schule zu vertreten, zusammen mit drei anderen Eltern. Es war sehr interessant und etwas, das mir sehr viel gebracht hat. In der Zwischenzeit waren meine Kinder größer und ich suchte zu diesem Zeitpunkt nach Arbeit. Zunächst arbeitete ich in der Ludothek von Meyrin als Verwaltungsassistentin, dann wurde ich zur Ludothekarin ausgebildet. Ich war die erste angestellte Ludothekarin in dieser Ludothek und arbeite immer noch dort, allerdings mit einem kleinen Pensum. 

Anfang 2017 habe ich mich als petits:pas-Hausbesucherin beworben, wurde aber nicht angenommen. Daraufhin begann ich eine Arbeit als Dolmetscherin für Connexxion u. a. für das Universitätsspital Genf (HUG). Zwei Monate nachdem ich mit dem Dolmetschen begonnen hatte, kam die Koordinatorin von petits:pas wieder auf mich zu. Ich habe zunächst mit einer Zusage gezögert, weil ich nicht wusste, ob ich wirklich drei so unterschiedliche Jobs nebeneinander machen kann. Schliesslich habe ich mich darauf eingelassen. 

Ich habe im Mai 2017 als Hausbesucherin bei petits:pas begonnen. Die Arbeit als Hausbesucherin ist gleichzeitig sehr schön und schwierig: Zu den Familien zu gehen, erfordert eine gewisse Haltung, einen gewissen Mut und viele Kenntnisse, die man erlernen muss, um es richtig machen zu können, für sich selbst und für die Familien. Persönlich musste ich lernen, Abstand zu nehmen und immer in meiner Rolle zu bleiben. Die wöchentlichen persönlichen Sitzungen mit der Koordinatorin ermöglichen es mir, auf das zurückzuschauen, was ich mit den Familien erlebe, Fragen zu stellen und über meine Zweifel zu sprechen. Der Austausch, die Unterstützung und das Zuhören durch die anderen Hausbesucherinnen helfen ebenfalls sehr dabei, bestimmte Situationen zu verstehen und zu überwinden. 

Für einige Familien, die sehr isoliert leben, ist es eine Freude, jemanden von außerhalb zu haben, der jede Woche wiederkommt. Für andere ist es im Gegenteil sehr schwierig. Wir müssen Vertrauen aufbauen und ihnen erklären, warum wir hier sind. Mit Familien, die kein oder nur wenig Französisch sprechen, versuche ich anfangs, Wege zu finden, um zu kommunizieren, eine Verbindung herzustellen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Dann wird nach und nach mehr Französisch gesprochen. Als Haubesucherin ist das Schlüsselwort Anpassung: sich an die familiäre und finanzielle Situation und ihre Französischkenntnisse anpassen. Keine Situation gleicht der anderen. Was bei einer Familie funktioniert, muss nicht unbedingt auch bei einer anderen funktionieren. Man muss immer weiter lernen und mit den Jahren wächst die Erfahrung. 

Zwischen den Familien entstehen ebenfalls Verbindungen, vor allem bei den zweiwöchigen Gruppentreffen. Eine Mutter, die an petits:pas teilnahm, hatte sehr schwierige Dinge erlebt. Es war eine Herausforderung, dass sie mit ihrem Kind aus dem Haus ging, um an die Treffen zu kommen. Ich begleitete sie jedes Mal, bis sich ein Kontakt zu einer anderen Familie aus der gleichen Gegend ergab. Die Familien gingen dann jedes Mal gemeinsam zu den Treffen. Das war wunderbar. 

In einer anderen Familie begleitete ich anfangs die ältere Schwester, die wenig sozial war und nicht sprach. Am Ende von petits:pas war sie viel sozialer, sprach Französisch, spielte mit den Kindern im Park und sprang mir in die Arme, obwohl anfangs eine enorme Distanz bestand. Der Schulanfang war eine grosse Herausforderung für sie, aber sie hat es geschafft. Das wurde später mit ihrem kleinen Bruder fortgesetzt, der eher ein schroffes Verhalten an den Tag legte. Er kann sich jetzt für die Dauer einer Spielaktivität konzentrieren, die Dinge langsam und ruhig angehen, was vorher nicht möglich war. Für mich sind dies Beispiele für die unglaubliche Veränderung durch die Hausbesuche. 

Die Tatsache, dass man zu den Menschen nach Hause geht, ermöglicht es einem, die Dinge zu verstehen und anders zu sehen. Man sieht, wie die Familie im Alltag funktioniert, man kann verstehen, woher bestimmte Verhaltensweisen kommen. Das bringt einen anderen Blickwinkel. Die Arbeit mit petits:pas ist schwierig, doch befriedigend, weil man die Fortschritte sieht. Und das gibt einem den Mut und die Hoffnung für die Unterstützung neuer Familien. Es ist ein Programm, das ich jedem ans Herz lege.

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Kholoud
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Portrait der Hausbesucherin Janeth:
«Ich liebe meine Arbeit bei schritt:weise. Während ich Zeit mit den Familien verbringe, teile ich viele Erfahrungen mit ihnen, persönliche und berufliche. Durch schritt:weise habe auch ich sehr viel gelernt.»

Mein Name ist Janeth Zoller, ich bin mit einem Schweizer verheiratet und habe zwei Kinder: eine 19-jährige und eine 31-jährige Tochter. Ich bin in Quito, Ecuador, aufgewachsen und lebe seit 20 Jahren in der Schweiz. Seit April 2015 bin ich in Lausanne als schritt:weise-Hausbesucherin tätig. Eine schritt:weise-Kinderbetreuerin hat mir von dieser Stelle erzählt. Ich habe mich beworben, das Vorstellungsgespräch absolviert und Marta Pinto, die damalige Projektleiterin, hat mich eingestellt und ausgebildet. Dafür bin ich ihr bis heute außerordentlich dankbar. Neben schritt:weise habe ich auch noch einen anderen Job in einer Kindertagesstätte. 

Bevor ich Hausbesucherin wurde, war ich Hausfrau und Mutter. Dann habe ich eine Ausbildung zur Rotkreuz-Freiwilligen gemacht, um älteren Menschen zu helfen. Dadurch war ich nicht mehr nur die ganze Zeit zu Hause und konnte auch etwas für mich tun. Außerdem war ich als Sportlehrerin für Kinder im Alter von 4 bis 10 Jahren tätig. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Bevor ich in die Schweiz kam, habe ich in Ecuador ein Jahr lang die Universität besucht, um Sozialarbeiterin zu werden. Aber dann wurde ich schwanger und musste mir Arbeit suchen. Ich habe in einer Bank gearbeitet. In die Schweiz kam ich über eine Freundin aus Kindertagen. Meine älteste Tochter blieb ein Jahr bei meiner Mutter in Ecuador und kam erst dann zu mir. 

Ich liebe meine Arbeit bei schritt:weise. Während ich Zeit mit den Familien verbringe, teile ich viele Erfahrungen mit ihnen, persönliche und berufliche. Durch schritt:weise und die Familien und Kinder habe auch ich sehr viel gelernt. Ich bin ruhiger geworden, habe gelernt, mich auszudrücken und mich in die Lage der Kinder zu versetzen. Durch den Kontakt mit den Familien habe ich gelernt, mich in ihre Situation zu versetzen. Zu Beginn in der Schweiz war ich in derselben Situation wie die Familien. Die Erfahrungen, die ich mit meiner Familie, mit meinen Töchtern gemacht habe, kann ich durch schritt:weise an die Familien weitergeben. Es ermutigt sie, zum Beispiel Französisch zu lernen. Es ist immer eine Herausforderung, sich mit Familien zu verständigen, die kein Französisch sprechen. Aber das ist das Schöne an schritt:weise: Wir lassen sie nicht im Stich. Es ist schön zu sehen, wie sich die Familien in 18 Monaten weiterentwickeln. 

Mit schritt:weise nehmen sich die Eltern Zeit für ihr Kind, lernen es besser kennen, spielen mit ihm. schritt:weise bietet diese Möglichkeit durch die Dauer von 18 Monaten. Es gibt uns die Zeit, uns dem Tempo der Familie anzupassen. Die Familie wird nach und nach unabhängiger. Oft sind die Familien anfangs etwas zwiespältig und haben ein wenig Angst. Aber wir erklären ihnen, was wir tun werden, dass wir spielen und Aktivitäten machen werden. Nach und nach gewöhnt sich die Familie daran, gewinnt Vertrauen in uns und beginnt, Französisch zu sprechen und auch Französischunterricht zu nehmen. Ich würde sagen, dass schritt:weise ein Schlüssel ist, der den Familien mehrere Türen öffnet. 

Die größte Herausforderung, die wir haben, ist es, mit den Familien nach draußen zu gehen. Die Familien schaffen es oft nicht, allein nach draußen zu gehen, vor allem im Winter. Also sagen wir ihnen im Voraus, wann es Aktivitäten gibt, bei denen sie nach draußen gehen müssen. Wenn es regnet oder kalt ist, ziehen wir uns warm an. Wenn die Familie wirklich keine Lust hat, ändern wir die Aktivität und gehen das nächste Mal raus. Wir passen uns den Familien an und gehen auf ihre Bedürfnisse ein. Aber wir zwingen den Familien nie etwas auf. Wir ermutigen sie auch, mit jemanden zu sprechen, wenn es ihnen nicht gut geht.

Das kann mit uns oder auch jemand anderem sein, mit dem sie sich wohlfühlen. Denn die Kinder spüren, wenn es ihren Eltern nicht gut geht. Ich war als Hausbesucherin in einer Familie tätig, in der die Mutter kaum Französisch sprach und immer im Pyjama war. Nach und nach ermutigte ich die Mutter, aus dem Haus zu gehen. Mit der Zeit fühlte sich die Mutter immer sicherer. Dann erzählte sie mir, dass ihr Mann sie seelisch misshandelt, und dass sie sich trennen wolle. Zusammen mit der Koordinatorin gaben wir ihr Adressen von Einrichtungen, die ihr helfen konnten. Sie hatte den Mut, um Hilfe zu bitten. Sie ist von zu Hause ausgezogen. schritt:weise hat sie die ganze Zeit begleitet. Wir haben die Mutter und ihre Tochter weiterhin besucht, auch wenn sie damals in einer Einrichtung waren. Jetzt hat die Mutter ihre eigene Wohnung, einen Job und ihrer Tochter geht es sehr gut. Das ist es, was schritt:weise ausmacht. 

In unserer Arbeit als Hausbesucherinnen brauchen wir Zuversicht und Durchhaltevermögen. Es ist wie die Geschichte vom Kolibri, der mit ein paar Tropfen in seinem Schnabel hilft, den Waldbrand zu löschen: Mit schritt:weise leiste ich meinen Beitrag. Den Rest muss die Familie erledigen. Eines Tages würde ich sehr gerne ein Angebot wie schritt:weise in Ecuador, meinem Heimatland, aufbauen können. Damit die Familien dort auch davon profitieren können.

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Janeth
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* Im Kanton Waadt sind die petits:pas-Hausbesucherinnen von den Verbänden/Stiftungen des AVASAD-Systems angestellt. AVASAD arbeitet mit der Vereinigung a:primo zusammen, die eine Lizenz für das wissenschaftlich geprüfte Programm erteilt.


Portrait der Hausbesucherin Ana:
«Für mich ist es jedes Mal eine Herausforderung, das Vertrauen mit einer neuen Familie aufzubauen. Wenn es mir dann aber gelungen ist, ist es eine Freude für mich.» 

Ich bin Ana und komme aus Guatemala in Mittelamerika. Mein Mann ist Schweizer und wir haben in Guatemala geheiratet. Einige Jahre haben wir an verschiedenen Orten in Guatemala, Deutschland und Panama gewohnt. Irgendwann haben wir beschlossen uns für länger niederzulassen. Da es in Guatemala etwas gefährlich und unsicher war, haben wir uns entschieden, in der Schweiz zu leben. Damals hatten wir schon zwei Kinder. Meine Tochter war acht Jahre und mein Sohn fünf Jahre alt, als wir in die Schweiz gezogen sind. Nun wohnen wir seit 13 Jahren in der Schweiz. 

Ich bin nun seit fast vier Jahren schritt:weise-Hausbesucherin. Zuvor war ich ein Jahr lang Kinderbetreuerin bei den Gruppentreffen von schritt:weise, bevor ich die Gelegenheit bekommen habe, als Hausbesucherin zu arbeiten. Zu schritt:weise bin ich über eine Kollegin im Deutschunterricht gekommen. Sie hat mich empfohlen. schritt:weise hat mir persönlich geholfen. Es war meine erste Stelle in der Schweiz, in der ich wieder mit Kindern arbeiten konnte. In Guatemala war ich Kindergartenlehrerin und habe 10 Jahre auf meinem Beruf gearbeitet. In meiner Tätigkeit für schritt:weise bekomme ich Schulungen, kann mich so weiterbilden und neue Themen kennenlernen. Ich bin sehr dankbar für diese Möglichkeit. 

Durch die Arbeit mit schritt:weise habe ich viele Menschen kennengelernt. In der Schweiz ist die Art, zu arbeiten anders, als ich es von Guatemala kannte. Für mich ist es sehr interessant und spannend durch die Familien, neue Kulturen aus der Nähe kennenzulernen.Meine Muttersprache ist Spanisch, zurzeit habe ich leider keine spanischsprechende Familie. Meine Familien sprechen verschiedene Sprachen: Tigrinja, Albanisch, Arabisch, Maniki und Kurdisch. Es sind also sehr verschiedene Kulturen und Sprachen. Die Kinder sind zwischen 1 und 3 Jahren alt. 

Ich denke, schritt:weise ist für die Familien eine Unterstützung, weil ich die Familien anderthalb Jahre mit Erziehungsthemen begleiten kann. Die Familien haben jemanden für ihre Fragen und eine Hilfe, um Lösungen für bestimmte Situationen zu finden. Manche Familien sind sehr einsam in der Schweiz. Dank schritt:weise haben sie die Gelegenheit, nach draussen zu gehen und so andere Familien und Kinder zu treffen und kennenzulernen. 

Am Anfang wollen manche Kinder nicht spielen oder im Spiel verweilen. Zudem haben sie noch kein Vertrauen zu mir. Mit der Zeit verändert sich das. Sie bekommen Freude an den Treffen, sie haben Spass und sie möchten mit mir spielen. Für mich ist das ein sehr schöner Moment. Das passiert nicht nur bei den Hausbesuchen, sondern auch bei den Gruppentreffen. Vielleicht haben sie noch nie mit anderen Kindern zusammengespielt, dann ist es schwierig für sie. Mit der Zeit lernen sie mit anderen Kindern zu spielen und sie können sich auch von der Mutter lösen. Die Mütter erzählen mir, dass die Kinder die ganze Woche nach mir gefragt haben: «Wann kommt Ana?» Das ist sehr schön für mich. 

Es ist unterschiedlich, wie schnell das Vertrauen mit dem Kind aufgebaut ist. Bei manchen Kindern geht es schnell, in den ersten Besuchen, und einige Kinder brauchen bis zu einem Jahr, bis sie merken, dass ich komme und sie mir vertrauen können.Die Kinder erlernen mit der Zeit den Ablauf der Treffen: Ana kommt, Ana schaut das Blatt an mit Mama und ich muss warten. Am Anfang funktioniert das nicht. Mit der Zeit wird der Ablauf zur Routine und die Atmosphäre wird positiver.Bei den Eltern ist es ähnlich. Einige Eltern sind offener und ich kann in den ersten Besuchen eine Beziehung aufbauen. Andere brauchen mehr Zeit. Für mich ist es jedes Mal eine Herausforderung, dieses Vertrauen mit einer neuen Familie aufzubauen. Wenn es mir dann aber gelungen ist, ist es eine Freude für mich.

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Ana
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Portrait der Hausbesucherin Hakima:
«Ich wäre selbst als junge Mutter auch sehr froh um ein Angebot wie schritt:weise gewesen.» 


Ich bin Hakima, bin 49 Jahre alt und komme aus Marokko. 1997 bin ich mit 25 Jahren in die Schweiz gekommen. Zwischendurch habe ich zwei Jahre im Libanon gelebt, mein Mann kommt aus Beirut. Ich habe drei Mädchen, die 17, 15 und 9 Jahre alt sind. 

Ich kenne die schritt:weise-Koordinatorin Priska schon lange. Vor schritt:weise habe ich bereits mit ihr in der Kinderhüte vom Roten Kreuz gearbeitet. Sie hat dann die Stelle gewechselt und ist schritt:weise-Koordinatorin geworden. Priska hat mich nach der Geburt meiner jüngsten Tochter im Spital besucht und mir gesagt, dass sie mich in einem Jahr als schritt:weise-Hausbesucherin braucht. Da habe ich direkt zugesagt. Ich habe im Januar 2015 als Hausbesucherin angefangen und bis im Herbst 2021 als Hausbesucherin gearbeitet. Ich musste mich aufgrund meiner Lehre schweren Herzens dazu entscheiden, als Hausbesucherin aufzuhören. Im September 2021 habe ich die Ausbildung zur Fachfrau Betreuung angefangen und bin nun auf der Suche nach einem Praktikumsplatz. Leider ist es schwierig, etwas Passendes zu finden. 

Am Anfang in der Schweiz habe ich sieben Jahre in einem Behindertenheim gearbeitet. Danach habe ich verschiedene Tätigkeiten mit Kindern ausgeübt, unter anderem beim Mittagstisch, im Familienzentrum, beim Kinderhütedienst, in der Spielgruppe, bei «Schenk mir eine Geschichte», im Kinderferienlager und so weiter. Wenn es um Kinder geht, bin ich immer sofort dabei. Ich liebe Kinder. Die Brücke für meine Integration in der Schweiz waren die Kinder. Ich habe mir schon in Marokko immer gewünscht, dass ich einmal mit Kindern arbeiten kann. Nun darf ich das machen und ich bin zufrieden mit meinem Leben. 

Mit schritt:weise habe ich verstanden, wer ich bin und was ich will. schritt:weise hat mir geholfen, auch stark an mir selbst zu arbeiten. Ich bin reifer geworden und habe nun mehr Geduld, bin lockerer und weniger streng. Ich habe verstanden, dass Themen, die in Marokko tabu waren und über die man darum nicht gesprochen hat, geklärt werden müssen zum Wohle der Kinder.Es gibt Situationen, in denen die Familien Zeit brauchen, um sich hier einzugewöhnen und meine Aufgabe ist es dann, ihnen die Zeit zu lassen und sie zu begleiten. Ich hatte am Anfang zu hohe Erwartungen an die Mütter, doch ich habe durch die Gespräche mit Priska gelernt, dass ich mein Verhalten sehr stark ändern muss, um besser auf die Situation der Familien einzugehen. 

Für die Familien ist das Beste bei schritt:weise, dass sie lernen, wie sie mit ihren Kindern umgehen und vom Angebot profitieren können. Dass die Mutter mit dem Kind in Ruhe spielen soll und sich dafür Zeit nimmt. Am Anfang weiss man nicht, wie die Familie reagieren wird und die Familie ist unsicher, was von ihr erwartet wird. Mit der Zeit ändert sich das und es kann Vertrauen aufgebaut werden. Manchmal kann es leider auch sein, dass eine Familie abbrechen muss, weil es zu viel ist mit allen Belastungen, die die Familie hat. 

Die Familien begreifen den Nutzen von schritt:weise manchmal erst später, teilweise erst nach ein paar Jahren. Sie merken dann, welchen Sinn das Spielen mit den Kindern hat und welche Veränderungen man damit bewirken kann. Die Kinder merken das sehr schnell und sind glücklich, dass mit ihnen gespielt wird und freuen sich auf die Hausbesuche. Sie fragen zwischen den Treffen nach mir. Schön ist für mich, wenn ich Jahre nach schritt:weise eine Familie treffe und sie sich freuen, mich zu sehen.Ich würde allen schritt:weise weiterempfehlen. Es ist ein Geschenk, das sich für die Familien auszahlt. Ich wäre selbst als junge Mutter auch sehr froh um so ein Angebot gewesen.

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Hakima mit ihrer Tochter
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